20. September 2005

Der Trabtist

oder Millionen können nicht irren.

42J. männl. 1,78 cm sucht…

image

Warum quälen sich Menschen in Abenteuerurlaube, besteigen als 10137-ste das Matterhorn oder verlassen ihr klimatisiertes Büro, um das Zelt in Ungura Burundi aufzuschlagen und bezeichnen das ganze auch noch als Urlaub ? Back to the roots.
Na denn. „ Gentleman start your engines !“ Und so ist in etwa auch das Gefühl, wenn man sich unters Armaturenbrett begeben hat, dort den Benzinhahn in Richtung Boden dreht und schließlich den richtigen, der gleich drei unterschiedlichen Schlüssel in die dafür vorgesehene Öffnung steckt. Tatsächlich, der 2-Takter startet und es reng-deng-dengt. Aus dem Heck des Fahrzeugs dringen dicke Qualmwolken, mit dem Geruch, der für uns als 15-Jährige der Geruch von Freiheit und Abenteuer war. Wer mal ein Solo-Mofa sein eigen nannte, weiß wovon wir sprechen; die Sache mit dem Benzinhahn, der vor dem Fahren zu öffnen ist und im übrigen auch über eine Reservestellung verfügt, ist dann auch nicht mehr ganz ungewohnt.

Autotester berichten am Anfang oft von gelungener Haptik, griffigem Kunststoff und vorzüglich arbeitender Klimaanlage ( wahlweise Bordelektronik oder gelungenem Touchscreem - Navigationssystem ) - Dinge, auf die sie in ihrem Trabant leider verzichten müssen. Dafür fährt die Stasi, jedenfalls gefühlsmässig mit.
Und fast hätte ich´s vergessen: Vor dem Starten - Choke ziehen - sonst dengelt gar nichts.

Was für Gründe sprechen heute dafür einen Trabi zu fahren ?

20 Jahre Garantie gegen Durchrostung, wohl gemerkt, der nichtrostenden Teile; bekanntlich ist der Trabant aus Pappe und wird auch so in den NeBuLä ( Neue Bundesländer ) genannt.  Millionen jenseits von Oder-Neisse liebten diesen 4-rädrigen MINI. Vielleicht notgedrungen, denn vor dem Wegbegleiter (i. e. Trabant) standen 16 Jahre laaaanges Warten. Warum also warteten Menschen so lange auf den Trabant? Gabs technische, haptische oder sonstige Leckerbissen?
Na jedenfalls der Wendekreis. Das Ding wendet quasi auf der Stelle.

Der Blick unter die Motorhaube offenbart ein 2-Zylinder, 2 Takt, 26 PS Aggregat, luftgekühlt. Im übrigen: Einzelradaufhängung und die guten alten Trommelbremsen:

Beim Standardtest 0-100 km/h begann ich gemäß dem üblichen procedere vom Start weg zu zählen ( 21,22…).
Bei der Zahl 63 geriet mir das ganze dann etwas langweilig und ich gab auf. M.a.W.: DAS DAUERT.
Und bremsen? Das ist so ähnlich wie Schifahrn - kein Bremskraftverstärker, viel Kraft und bitte keine unerwarteten Hindernisse!

Einen echten technischen Fortschritt bietet der Trabant allerdings mit dem sog. Freilauf im 4. Gang. Geht man im 4. Gang vom Gas, kuppelt der Motor automatisch aus und läuft im Leerlauf weiter.  Drückt man das Fahrpedal ( diese schöne Formulierung findet sich in der Originalbedienungsanleitung ) wieder gen Wagenboden, kuppelt der Motor bzw. das Getriebe automatisch wieder ein. Eigentlich unbegreiflich, warum das außer Sachsenring niemand übernahm und zudem eine simple Methode Sprit zu sparen!

Aber last but not least: Der Auffallens-Faktor: Niemand läßt dieses Auto unbeachtet.

Kinder und Jugendliche unter 18 haben meistens einen begeisterten „was ist denn
das“ Blick, Erwachsene dagegen muffeln nach einem kurzen mißbilligendem Blick gen Himmel, so, als ob nichts geschehen wäre und denken sich wahrscheinlich „verdammte Ostpocke“.

Als ordentlicher Deutscher lese ich natürlich die Betriebsanleitung. Diese enthält neben praktischen Tipps zum Einparken und mehr als nebulösen Zeichnungen zur Lenkradschaltung, auch die exakte Anweisung unter 3.1. zur „ Vorbereitung zur Fahrt… ist der Griff links unter der Instrumententafel zu ziehen, wodurch der Hauptriegel geöffnet wird. Nun kann der Sicherungshebel von außen mit Hilfe des Fingers ausgerastet und die Haube ganz geöffnet werden. Das Hochheben derselben muß soweit erfolgen, bis zum langsam Zurücklassen die Halterung der Stütze einrastet…“. Also aufgemerkt: Der gelernte DDR-Bürger hatte vor Fahrtbeginn erst einmal auf die beschriebene (nicht ganz einfache) Weise die Motorhaube, eigentlich schöner: das Motorhäubchen zu öffnen; erst dann kann´s losgehen!

Auch die Methode der Kraftstoffvorratüberprüfung mutet eher archaisch an. Denkbar einfach: Tankdeckel auf - in den Tank gucken und schätzen. So was wie eine Tankuhr sucht man vergebens.
Dafür glänzt der Trabi mit vielen (drei) Schlüsseln, nämlich einen für den Kofferraum, einen für die Tür und einen dritten für das Zündschloß. Die Beifahrertür ist schlosslos (wahlweise immer offen oder zu).

Die Schemazeichnung der Bedienungsanleitung, die 4 entspannte Zeitgenossen zeigt, ist wohl etwas sehr optimistisch geraten. Denn im Trabi ist Platz für einen Fahrer, vielleicht auch noch einen Beifahrer, aber 4 Erwachsene… Also einem deutschen Schäferhund stehen ja bekanntlich 9 qm Freigehege ( besser Zwinger ) zu. Also wenn jetzt 4 erwachsene Personen auf etwa 2 qm Platz nehmen sollen, dann läge jedenfalls dann ein Verstoß gegen geltendes Tierschutzrecht vor, wenn die Mindestanforderungen aus dem Tierschutzrecht auf den Trabant übertragen werden. Will sagen: Die technischen Voraussetzungen für das Einsitzen von 4 Personen sind zwar gegeben, aber da werden doch die meisten doch lieber zu Fuß gehen…

Was hat mich nun als ungelernten DDR-Bürger zum Kauf dieses Fahrzeugs bewogen?

War es der Sound der Hupe ( echt mind. Mercedesniveau ), der Geruch von verbranntem Zweitaktöl, der Verzicht auf so Unverzichtbarkeiten wie Servolenkung, Sitzheizung, Drehzahlmesser, Klimaanlage und Airbag. Soll ich ganz ehrlich sein??? Ich glaube es war einfach Neugier auf etwas, was so völlig anders ist, wie das was wir seit Jahrzehnten auf deutschen Straßen bewegen.

Oma K. (93 Lenze jung) dazu: „Warum kauft sich ein erwachsener Mann (nämlich der Enkel) ein Auto, das offensichtlich nur Kindern gefällt? - eben.

Zum Schluss noch eine Passage aus der Bedienungsanleitung, die Ihnen evtl. einiges fahrerisches Können abverlangt:

” 3.2.10. Fahrpraxis…”

Es wird dem Fahrzeug durch zu wiederholendes kurzes und kräftiges Gasgeben Schwung und Geschwindigkeit erteilt…
Gewöhnen sie sich deshalb an, das Fahrzeug im Gefälle durch kurzes und kräftiges Gasgeben ( sic! ) auf die den Gegebenheiten entsprechende Geschwindigkeit zu bringen und dann den Fuß vom Fahrpedal zu nehmen. Für das Fahren mit Rückenwind gilt der gleiche Hinweis… „

Go Trabi go!

Thilo Reimers

Posted by tilman hampl at 01:06 PM in Neuigkeiten

Kontakt / Impressum

Sie können meine Webseite grundsätzlich besuchen, ohne mir mitzuteilen, wer Sie sind.

Ich erfahre nur den Namen Ihres Internet-Service-Providers, die Webseiten von der aus Sie mich besuchen. Diese Informationen werden zu statistischen Zwecken ausgewertet. Sie bleiben als einzelner Nutzer hierbei anonym.

Zu Ihrer Information finden Sie einige Links auf meiner Seite. Ich habe keinen Einfluss auf den Inhalt und die Gestaltung dieser Seiten anderer Anbieter. Diese Garantien dieser Datenschutzerklärung gelten daher selbstverständlich dort nicht.

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema Datenschutz bei mir haben, wenden Sie sich bitte an mich.

Thilo Reimers
Rosengasse 8
D-97070 Würzburg
email: info (at) m-f-u.de
web: http://www.m-f-u.de

Posted by tilman hampl at 12:32 PM in Kontakt/Impressum

Wir haben unsere Website angemalt. Mit den Händen!

funzt das?

image

Posted by tilman hampl at 12:23 PM in Neuigkeiten

Page 14 of 14 pages ‹ First  < 12 13 14